Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Darmstadt e.V.

Mit Humor gegen den Hass

Ausstellung #Antisemitismus für Anfänger bis 16. März im Justus-Liebig-Haus in Darmstadt

Sie: „Für einen Juden sprechen sie aber gut deutsch.“ Er: „Und das, obwohl ich in Bayern aufgewachsen bin.“ Antisemitismus mit Humor begegnen – geht das? Ja, meint Myriam Halberstam. Die Journalistin, Filmemacherin und Autorin hat ein Buch mit 60 Cartoons und 17 Texten unter dem Titel „#Antisemitismus für Anfänger“ herausgegeben. Daraus sind jetzt 21 Cartoons und drei Texte namhafter Karikaturist*innen und Satiriker*innen großformatig in einer gleichnamigen Ausstellung im Foyer des Justus-Liebig-Hauses, Große Bachgasse2, in Darmstadt zu sehen.

Am Mittwoch, 22. Februar, wurde sie eröffnet. Noch bis zum 16. März ist die Ausstellung mittwochs und freitags von 10 bis 17 Uhr sowie dienstags und donnerstags von 10 bis 19 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. Veranstaltende sind die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (GCJZ) Darmstadt in Kooperation mit der Jüdischen Gemeinde Darmstadt, dem Evangelischen Dekanat Darmstadt – Fachstelle Bildung, der Katholischen Erwachsenenbildung – Bildungszentrum nr30, dem Kirchlichen Schulamt Darmstadt sowie dem Dezernat Bildung des Bischöflichen Ordinariats Mainz.

Ulrike Schmidt-Hesse, Evangelische Vorsitzende der GCJZ Darmstadt, begrüßte die rund 30 Gäste im Justus-Liebig-Haus. Sie griff eine Formulierung aus dem Vorwort zum Buch #Antisemitismus für Anfänger auf, in dem Satiriker und Cartoonisten als „Propheten unserer Zeit“ bezeichnet werden. Die biblischen Propheten, so Schmidt-Hesse, deckten Missstände auf, würden Unrecht benennen, das zu Unheil führe. Ihr Ziel sei es, „Menschen zur Umkehr von falschen Wegen zu bewegen“. Sie hoffe, dass die Cartoons und Texte der Ausstellung viele Menschen dazu einladen und herausfordern, „Antisemitismus zu erkennen und ihm zu widerstehen“. Die frühere Darmstädter Dekanin las im Anschluss den Einführungsvortrag von Myriam Halberstam vor, die wegen Krankheit kurzfristig absagen musste.

Auch wenn es auf den ersten Blick respektlos erscheine, habe sie gerade aus Respekt vor dem Leiden ihrer Glaubensgenoss*innen mit der Ausstellung einen „vollkommen neuen Ansatz gewählt, um dem Antisemitismus etwas Ungewöhnliches entgegenzusetzen“. Anlass dazu sei gewesen, dass sich Myriam Halberstam „nach dem furchtbaren, mörderischen Anschlag auf die Synagoge in Halle und zu Beginn der Corona-Zeit sehr über den wieder erstarkenden Antisemitismus geärgert“ habe. Und was tue ein Jude, wenn er oder sie sich ärgere? Über Jahrhunderte hinweg hätten Juden „nur mit Lachen und Weinen überlebt“. Humor sei ein untrennbarer Bestandteil der jüdischen DNA geworden. So sei die jüdische Autorin „mit dem berühmten jüdischen Humor an die Sache gegangen“ und habe sich über den Antisemitismus und die Antisemiten lustig machen wollen – ein Ansatz, der also zutiefst jüdisch sei, über Unterdrückung und Leid zu lachen und so sich selbst etwas Erleichterung zu verschaffen.

Antisemitismus finde nicht nur im kleinen Kreise statt, sondern in der breiten Masse der Bevölkerung, im Alltag – aus diesem Grund wollte Myriam Halberstam mit Unterhaltungswert das Wissen um den Antisemitismus einem größeren Kreis zugänglich machen, ihn „aus der Tabuecke holen und zum Partythema“ machen. „Scheuen Sie sich nicht zu lachen, wenn wir die Idiotie und Dummheit der Antisemiten entblößen“, fordert sie auf. Und sollten Sie sich bei einem Cartoon ertappt fühlen, dann lachen Sie einfach über sich selbst. Diejenigen, die die Ausstellung anschauen, sollen miteinander ins Gespräch kommen, „umso mehr wird darüber reflektiert – und das allein ist bereits ein Kampf gegen Antisemitismus“.  Jede und jeder könne sich ein Bild machen, Sichtweisen hinterfragen, sich weiterbilden und – hoffentlich – dem Antisemitismus entgegenwirken.

Anschließend benannte Daniel Neumann, Vorsitzender der mitveranstaltenden Jüdischen Gemeinde Darmstadt, in seinem Grußwort den „uralten Hass“ gegen Juden. „Was hilft, ist Humor“, so Neumann. Humor sei die „Waffe der Ohnmächtigen“. Witz und Parodie könnten entwaffnen. Dies tue die Ausstellung „ohne erhobenen Zeigefinger“. Humor sei vielleicht der einzige Weg, der zum Erfolg führe, Antisemitismus zu enttarnen und der Lächerlichkeit preiszugeben.

Ob die Ausstellung „politisch korrekt“ sei, fragte Silke Hagemann, Leiterin des Kirchlichen Schulamts Darmstadt. Das hänge davon ab, wie man sie anschaue, so Silke Hagemann. In jedem Fall blockiere das Befremden gängige Denkmuster. Humor sei der „Spiegel, der Antisemitismus ad absurdum führt“. Der Zugang zu den Cartoons sei für Jugendliche mit ihren vielen verschiedenen Hintergründen nicht immer einfach. Schulklassen sei die Ausstellung aber unbedingt zuzumuten und zu empfehlen.

Ein Cartoon gleich neben dem Eingang macht den Unterschied zwischen jüdischem Humor und Judenwitzen zum Thema. Dazu hatte Myriam Halberstam gesagt: „Der jüdische Humor ist selbstironisch. Er macht sich nie über die Opfer lustig, sondern solidaririsiert sich mit ihnen.“  Im jüdischen Witz würden Missstände angeprangert. Er bringe den Opfern eine Erleichterung, denn durch den Witz erlangten sie die Macht über die Situation wieder. „Die Opfer werden Herren oder Frauen über die Situation.“